Brigitte Semanek

Forschungsvorhaben

Mein Dissertationsprojekt soll einen Beitrag zur Geschichte der informellen Pflege und Betreuung in Österreich im 20. Jahrhundert liefern und wird von Christa Hämmerle am Institut für Geschichte der Universität Wien betreut. In der Arbeit gehe ich der Frage nach, in welcher Weise Kranken- und Altenbetreuung zu Hause als Thema in Tagebüchern erscheint. Was sagen solche Quellen über Familien- und Geschlechterverhältnisse sowie über Zeitstrukturen und die täglichen Routinen von pflegenden und gepflegten Personen aus? Wie lässt sich die Sicht von pflegenden Angehörigen anhand von diaristischen Texten untersuchen? Und wie veränderte sich das Schreiben über Pflege im Kontext der Dynamik gesellschaftlicher Strukturen im 20. Jahrhundert? Während dieser Zeit veränderten sich nicht nur Haushalts- und Familienformen, sozialpolitische Rahmenbedingungen oder die medizinische Versorgung, sondern es entstanden auch neue Formen von Pflegeheimen und mobilen Betreuungsdiensten.
Die Betreuungssituation zu Hause war und ist von individuellen Belastbarkeitsgrenzen, sozialen Normen und Geschlechterhierarchien geprägt, in die gerade Tagebuchaufzeichnungen Einblicke geben können. Diese sind eine Quellenart, der vielfach große Authentizität zugeschrieben wurde und die an einer spezifischen Schnittstelle von Privatheit und Öffentlichkeit verortet wurde. Methodisch relevant für die Analyse der Tagebücher sind Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen sprachwissenschaftlich und geschichtswissenschaftlich orientierten Zugängen zur Diskursanalyse. Außerdem spielen Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Diskursen und Emotionen eine wichtige Rolle beim Thema Kranken- und Altenbetreuung. 

Brigitte Semanek

Brigitte Semanek
Diplomstudium Geschichte mit Wahlfächern aus Angewandter Sprachwissenschaft (Abschluss 2011), laufendes Dissertationsprojekt zu Kranken- und Altenbetreuung als Thema in Selbstzeugnissen des 20. Jahrhunderts. Seit 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte des ländlichen Raumes in St. Pölten; zuvor u. a. prae-doc-Mitarbeiterin im FWF-Projekt „Liebe in Paarkorrespondenzen des 19. und 20. Jahrhunderts“ (vgl. den Sammelband zum Projekt). Daneben Obfrau des Museums Hohenau an der March in Niederösterreich sowie Vorstands- und Redaktionsmitglied bei fernetzt. Junges Forschungsnetzwerk Frauen- und Geschlechtergeschichte. Forschungsinteressen: Care-Arbeit, Frauen- und Geschlechtergeschichte des 20. Jahrhunderts, Regionalgeschichte des Weinviertels, text- und diskursanalytische Methoden.  
e-mail: brigitte.semanek@ruralhistory.at