Franziska Lamp

Ehevermittlung als bevölkerungspolitisches Experiment des nationalsozialistischen Regimes

Die Masterarbeit, auf der dieser Vortrag basiert, widmet sich der Frage, inwiefern das nationalsozialistische Regime durch die Gründung von Ehevermittlungsstellen und die Errichtung der sogenannten „Briefzentrale des Reichsbundes Deutsche Familie“ versuchte, in die Ehepartner- und Ehepartnerinnenwahl seiner Bevölkerung einzugreifen. Dadurch sollen neue Erkenntnisse im Bereich der nationalsozialistischen „Rassenhygiene“ und Bevölkerungspolitik gewonnen werden. Den Vorstellungen der nationalsozialistischen Eugenik entsprechend, wurde von jeder Bürgerin und jedem Bürger erwartet, die „Stärkung“ des „Volkskörpers“ als oberste Pflicht zu erachten. Die Historikerin Annette Timm schreibt hierzu: „Matchmaking […] reinforced the medicalized, patriotic definition of marriage that we have observed in other eugenic practices.” (Politics of fertility, 2010, 155) Auch die nationalsozialistische Ehevermittlung orientierte sich demnach an den perfiden Regeln der „Erb- und Rassenpflege“. So gab es für die unterschiedlichen Zielgruppen eigene Vermittlungsstellen. Dies betraf einerseits die vom Regime als „erbkrank“ stigmatisierten und deshalb zwangssterilisierten Personen, andererseits die als gesund erachteten „Volksgenossen“ und „Volksgenossinnen“ – wozu auch Kriegsversehrte und sogenannte „Kriegerwitwen“ zählten. Ziel dieser Arbeit ist es, anhand der Heterogenität der Zielgruppen, die Rolle von Ehevermittlung für die nationalsozialistische Bevölkerungspolitik aufzuzeigen. Die zwei Schlüsselbegriffe, die diese Arbeit dabei thematisiert, sind „Volksgemeinschaft“ und Zwangssterilisation. Der hierfür zu untersuchende Quellenkorpus setzt sich einerseits aus innerbehördlichen Dokumenten zusammen, andererseits aus Zeitschriften- und Zeitungsartikeln, in denen Fragen rund um die Einrichtung von „rassenhygienischen“ Ehevermittlung- bzw. Eheanbahnungsstellen diskutiert werden.

Franziska Lamp

Franziska Lamp, BA BA studierte im Bachelor Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft und befindet sich nun am Ende ihres Masterstudiums der Geschichte an der Universität Wien. Zu ihren Forschungsinteressen gehören die Geschichte des Nationalsozialismus (mit Fokus auf die nationalsozialistische Bevölkerungspolitik, die Frauen- und Geschlechtergeschichte sowie die Zwangsarbeiter*innenforschung), Displaced Persons, Erinnerungskultur(en)/-politik(en) und Praktiken der Transitional Justice. Sie war außerdem lange in der Kulturvermittlung tätig und beschäftigt sich gerade u.a. mit der Methode der Oral History.

Mail: franziska.lamp@univie.ac.at