„Sustainability on everyone‘s horizon?“
Zur Deutungsmacht des Nachhaltigkeits-Diskurses aus einer polit-ökologischen Perspektive
Vorliegender Beitrag befasst sich aus einer polit-ökologischen Perspektive mit der Deut- und Wirkmächtigkeit des Nachhaltigkeits-Konzeptes und dessen semantischer Umdeutung und Instrumentalisierung im Zuge der Konstruktion des Mythos vom „sustainable growth“. Es wird davon ausgegangen, dass hinter dem im öffentlichen Diskurs weitgehend entpolitisierten Narrativ der Nachhaltigkeit konkrete, bisweilen imperiale Interessen stehen. Zudem haftet dem rezenten Nachhaltigkeits-Konzept ein unzureichend reflektierter Anthro- und Eurozentrismus an, der in Form eines im Diskurs wirksamen „permanenten Tribunals“ dazu neigt, all jene zu „verurteilen“, die sich Nachhaltigkeit nicht leisten können, wollen oder sich einer anderen Lesart der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen. Insofern ist es notwendig, Nachhaltigkeit weniger als transnationales Metafix (ersichtlich am Beispiel der unkritischen und teils widersprüchlichen Verwendung des Nachhaltigkeits-Konzepts in den Sustainable Development Goals) denn als ein Hegemonie sicherndes Regulativ zu verstehen, das konkrete Auswirkungen auf Lebensrealitäten zeitigt. Besonders auffallend ist dabei, dass Nachhaltigkeit nicht selten von denjenigen zum Maßstab privaten sowie politischen Handelns ernannt wird, die selbst einen ökologisch ausufernden Lebensstil auf Kosten von Menschen und Ökosystemen andernorts führen. Unter Zuhilfenahme verschiedener Ansätze wie der politischen Ökologie, der Regulationstheorie sowie der gramscianischen Hegemoniekonzeption wird aufgezeigt, dass sich das rezente Nachhaltigkeits-Konzept stark von seinen ursprünglichen Bedeutungen entfernt hat, vielfach durch verschiedene AkteurInnen zweckentfremdet wurde und keinesfalls als selbstverständlich und von allen gleichermaßen anerkannt aufzufassen ist.
Martin Thalhammer
Martin Thalhammer studiert an der Universität Wien im Master Kultur- und Sozialanthropologie und Internationale Entwicklung, an der Universität für Bodenkultur Umwelt- und Bioressourcenmanagement und an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Human- und Sozialökologie. Er fühlt sich der Idee einer sozial gerechteren und ökologisch verträglicheren Welt verpflichtet und interessiert sich fernab von disziplinären Grenzen besonders für politische Ökologie, ökonomische Anthropologie und heterodoxe Ansätze zu Ökonomie.