Polyamorie in medialer, sozialer und Identitätsperspektive
Polyamorie (Emotionale und sexuelle Mehrfachbeziehungen unter dem Wissen aller Beteiligten) ist so alt wie die Menschheit selbst, Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist das Thema seit Mitte der 1990iger Jahre. In dem vom FWF finanzierten Forschungsprojekt soll geklärt werden, inwieweit sich die Eigenwahrnehmung von medialer vermittelter Fremddarstellung polyamorös lebender Personen gleicht oder unterscheidet. Konkret werden die Aspekte Liebes- und Lebenshistorie, Zugehörigkeit zur LGBT-Community, soziale Wahrnehmung, sowie das (vermutete) Bedürfnis nach rechtlicher und kirchlicher Anerkennung, untersucht.
Theoretisch ist die Arbeit in den Sozialwissenschaften zu verorten (ohne eine klare Zuschreibung zu nur einer Studienrichtung vorzunehmen – zum einen ist die vorhandene Fachliteratur zu wenig, um dem Anspruch einer Dissertation Genüge zu tun; zum anderen lässt sich das Thema in seiner Komplexität nur inter-, wenn nicht sogar transdisziplinär darstellen).
Die Eigenwahrnehmung wird anhand von narrativen autobiographischen Interviews erhoben; insgesamt ca. 35 Personen in sieben bis zehn Polykülen (Mehrfachbeziehung) werden befragt. Für die mediale Fremddarstellung wurden alle Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, in denen das Wort „Polyamorie“ seit der Ersterscheinung im Jänner 2007 vorkommt (WiSo Datenbank, insgesamt 180 Medien), einer Voruntersuchung unterzogen, und danach mittels einer Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert. Von den relevanten 170 Artikel über fast zehn Jahre liegt die Analyse der ersten fünf Jahre (80 Artikel) bereits vor.
Das Innovationspotential der Untersuchung liegt im Untersuchungsgegenstand (erste jemals durgehführte Vollerhebung des deutschsprachigen Raumes) sowie in der Fragestellung (bis dato umfassendste Erhebung von Polyamorie und Religion weltweit).
Stefan F. Ossmann
Stefan F. Ossmann. Studienbeginn im 28igsten Lebensjahr, Abschluss des Individuellen Diplomstudiums der Internationalen Entwicklung (Hist-Kult) sowie des Magisteriums Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (SoWi). Tutor, Studienassistent, Universitätslektor, wissenschaftlicher Consultant, Trainer, Projektmitarbeiter, Betriebsrat. Nach acht gescheiterten Versuchen finanziertes, Disziplinen-übergreifendes Doktorat im Rahmen eines FWF-Einzelprojektes zum Thema Polyamorie am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte (Phil-Kult).