Diskurs und Qualität in der Hochschule
Möglichkeiten und Grenzen eines hegemonietheoretischen Analyserahmens.
Seit der Bologna-Reform ist zunehmend die Einführung von manageriellen Steuerungsinstrumenten an Hochschulen zu beobachten – vor allem bei der Evaluation von Forschung, Lehre und Verwaltung hinsichtlich des gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und ökonomischen Bedarfs –, deren Folgen bisher kaum erkundet sind. Frank-Olaf Radtke verweist mit darauf, dass „[m]it der Implementation der neuen Steuerungstechniken im Bildungsbereich […] auf mehreren Ebenen Folgeprobleme unterschiedlicher Art [entstehen; G.F.], deren empirische Beobachtung und Bewertung noch aussteht“ (Radtke, 2009, S.171). Im Ausgang der Lehre (re-)kombinieren sich widerstreitende Diskursstränge, Hochschuldidaktik auf der einen und Evaluation der Lehre auf der anderen Seite, deren Beziehung kontingent ausfällt (vgl. Pohlenz, 2014). Macht- und hegemonietheoretische Ansätze verweisen darauf, dass Bildungsreformen die Entstehung einer neoliberalen Hegemonie in der Bildungspolitik voraussetzen, „die wiederrum durch hegemoniale Transformationen ins akademische Feld zurückwirken“ (Maeße/Hamann, 2016, S.44). In dieser Hinsicht kann die Frage gestellt werden, wie diese ,hegemoniale Transformationʻ beobachtet werden kann. Hierfür ist die Praxis des Artikulierens bedeutsam, da sich in ihr die Deutungskämpfe um Begriffe, Gegenstände und Identitäten einschreiben. In Abgrenzung zum Diskurs begreift Ernesto Laclau das Diskursive als „das Ensemble gesellschaftlicher Sinnproduktion, das eine Gesellschaft als solche begründet. Hier geht es nicht darum, das Diskursive als Ebene oder eine Dimension des Sozialen aufzufassen, sondern als gleichbedeutend mit dem Sozialen als solchem“ (1981, S.176).
Der Beitrag fragt einerseits danach, inwieweit sich der hegemonietheoretische Ansatz als Analyserahmen für die Forschung der Evaluationspraxis in der Hochschule eignet – indem diese spezifische Praxis als Gegenstand begriffen wird –, um dies andererseits exemplarisch an einem Interview mit Akteure*innen aus der Evaluationspraxis in Hochschulen rekonstruktiv zu analysieren.
Gianpiero Favella
Gianpiero Favella hat Pädagogik, Philosophie und Rechtswissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Goethe Universität Frankfurt am Main studiert. Seit 05/2015 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Forschungsorientierung in der Studieneingangsphase“ (FideS) an der TU Kaiserslautern. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in der Forschungsorientierung in der Studieneingangsphase.
E-Mail: gianpiero.favella@sowi.uni-kl.de