Widerstände des Realen.
Potentiale der Object-Oriented Ontology im postkolonialen Diskurs
In den Geistes- und Kulturwissenschaften gibt es seit einigen Jahren eine Tendenz wieder über das Denken hinaus zu gehen und sich in das gewissermaßen seit Kant dunkle und undurchsichtige Gestrüpp des Seins vorzuwagen. In der Kultur- und Sozialanthropologie spricht man vom ontological turn, dem es allem voran um die Überwindung eines dualistischen Repräsentationalismus und dem Logozentrismus geht. Diese neue Perspektive hat auch starke Resonanz in der postkolonialen Theorie gefunden. Im Besondern sind hier relationale Ontologien als geeignet angesehen um die Pluralität der Welt ohne den postmodernen Konstruktivismus durch epistemische Systeme und die Realität ohne den hegemonialen Anspruch eines metaphysischen Realismus zu denken. Relativ zeitgleich kommt es in der kontinentalen Philosophie ebenfalls zu einer erneuten Hinwendung zum Realismus. Die heterogenen Positionen lassen sich unter dem 2007 erstmals geprägten Label des spekulativen Realismus subsumieren. Der spekulative Realismus und insbesondere die Object-Oriented Ontology (OOO) von Graham Harman, als eine Strömung davon, fand bisher keine Beachtung in der postkolonialen Debatte.
In meinem Vortrag werde ich einerseits die Problematiken relationaler Ontologien aufzeigen und ausgehend davon die OOO als fruchtbare Position im postkolonialen Diskurs einführen. Dafür gilt es abzuklären, wie extensiv der Objektbegriff verwendet wird, wie die OOO Objekte in einer vierfachen Struktur versteht und warum es problematisch ist, dass relationale Ontologien ein overmining in Hinblick auf Objekte betreiben. Zentral ist in der OOO ein Verständnis des realen Objektes als eines, dass immer entzogen bleibt aber dennoch einen Rahmen für gegenseitiges Verstehen bietet. Zum Abschluss werde ich die Möglichkeit aufzeigen mit dem hilfreichen Konzept des Hyperobjects über Problematiken wie die globale Erwärmung zu sprechen, ohne in eine eurozentrische One-World World zurück zu fallen und praktische Konsequenzen bezüglich der widerständigen Realität der Objekte andeuten.
Michael Feichtinger
Studienrichtungen: Philosophie, Chemie, Theater-, Film- und Medienwissenschaften
Forschungsinteressen: Spekulativer Realismus, Poststrukturalismus, Postkoloniale Theorie, Environmental Humanities