Johanna Frommelt

Künstlerischer Aktivismus in politischem Protest am Beispiel der Kampagne #FreeDeniz

In der Protestforschung kursiert die These, Proteste, welche mit künstlerischen Mitteln geführt würden bzw. mit denen sich Künstler_innen solidarisierten, könne eine besonders große Erfolgschance zugesprochen werden. In meiner Masterarbeit beabsichtigte ich deshalb zu untersuchen, weshalb sich Künstler_innen mit Protesten solidarisieren und inwiefern sie in künstlerischen Aktionen ein besonderes Potenzial für soziale Bewegungen sehen. Als Fallbeispiel wurde die im Februar 2017 gegründete Kampagne #FreeDeniz genutzt, die sich für die Freilassung des zu jenem Zeitpunkt in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der deutschen Tageszeitung Die Welt, einsetzte. Yücel hatte u.a. zu einer E-Mailaffäre des türkischen Energieministers recherchiert, aus welcher ein zunehmender Abbau demokratischer Strukturen der Türkei hervorging. Terrorpropaganda und Aufwiegelung der türkischen Bevölkerung wurden ihm deshalb vorgeworfen. Die Türkei gilt derzeit als das größte Journalist_innengefängnis weltweit, da Inhaftierungen als Strategie genutzt werden, um kritische Berichterstattung zu unterdrücken.

Die beobachteten künstlerischen Aktionen wurden einerseits mithilfe einer Theoretisierung von ‚Protest‘ von Philippe Hanna et al. (2016) und andererseits mit dem Konzept des ‚künstlerischen Aktivismus‘ von Stephen Duncumbe (2016) analysiert.

Für die Forschung wurden schriftliche Interviews via E-Mail mit Künstler_innen und Aktivist_innen geführt, die sich an ‚künstlerischen‘ Aktionen des Freundeskreises #FreeDeniz beteiligten oder selbst Aktionen in Solidarität mit Deniz Yücel durchführten. Darüber hinaus wurden Informationen über die Protestaktionen und das politische Geschehen auf verschiedenen Online-Plattformen und in Zeitungen eingeholt, digitalisierte und im Internet zirkulierende Protestaktionen des Freundeskreises #FreeDeniz wurden angesehen und Mahnwachen in Flörsheim am Main, Geburtsort Yücels, als Zeichen der eigenen Solidarität besucht.

Johanna Frommelt

Johanna Frommelt (johanna.frommelt@posteo.de) studierte Sozial- und Kulturanthropologie, Kunstgeschichte und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (BA) an der Freien Universität Berlin und anschließend Kultur- und Sozialanthropologie und Friedens- und Konfliktforschung (MA) an der Philipps-Universität Marburg. Ihre Forschungsinteressen sind Konfliktanthropologie, politische Anthropologie, anthropologische Widerstandsforschung, Menschenrechte, politischer Aktivismus, künstlerischer Aktivismus sowie Postkolonialismus- und Dekolonialisierung.